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Einflüsse des Films

 

Einflüsse des Films

Autobiographische Einflüsse

Nachdem Tim Burton mit Beetlejuice und Batman Auftragsproduktionen vorgelegt hatte, hatte er für Edward mit den Scherenhänden erstmals freie Hand und konnte so seine Phantasie und für ihn bedeutsame Filme in den Film miteinfließen lassen. Das “ästhetische System”, in dem Burton aufwuchs, ist darin ebenso bedeutsam wie seine Autobiographie. Merschmann bemerkt, dass ein Foto der Produktion existiert, auf dem Burton neben Darsteller Johnny Depp als Edward zu sehen ist – beide haben dieselbe Struwwlpeter-Frisur.

“Der autobiographische Subtext von Edward mit den Scherenhänden bezieht sich dennoch weniger auf die Jugenderfahren von Tim Burton, als dass er die den Regisseur prägenden Fiktionen wachruft: Erzählungen, Filme, Fernsehsendungen – ästhetische Systeme, mit denen Burton aufwuchs und von denen er sich immer noch fasziniert und beeinflusst zeigt. Die hat Burton einer Modifikation unterzogen, was er “filtered through rememberance” nennt -, eine durch die Brille der persönlichen Erfahrungen betrachtete Welt, in der die Objekte eine verzerrte, oftmals grotesk vergrößerte Bedeutsamkeit erhalten.”1

Interessant erscheint die Inszenierung der Generationen. Während die Elterngeneration aus den 1950er Jahren zu stammen scheint, haftet den Jugendlichen die Mode der 1980er Jahre an. Auch die Ästhetik der Slacker-Filme sei in den Figuren visualisiert. Edwards Kostüm und Aussehen wiederum ist der Ästhetik des Punk entlehnt.

Frankenstein-Thematik

Dem Stoff des Filmes liegt hingegen eindeutig die Frankenstein-Thematik zugrunde. Wie Frankenstein wird Edward von einem Erfinder erschaffen und lebt zunächst in Isolation. Die “Monster mit Herz”-Problematik inszeniert den Außenseiter Edward in einer Gesellschaft, die überhaupt nicht fähig ist, den Fremden unter sich aufzunehmen. Zu verdorben sind sie vom schnellen Geld, dem hübschen Mädchen, dem Verlangen nach sexueller Lust oder nach “Ordnung”. Wie Frankenstein ist das Monster Edward sensibel, sehnt sich nach Liebe und Verständnis, wird aber instrumentalisiert und soll schließlich vernichtet werden.

Burtons Leisung ist es, die Handlung in die zeitgenössische US-amerikanische Gesellschaft zu verlagern. Edward verfügt nicht über das nötige Bewusstsein für Recht und Unrecht, was ihm schließlich den Zugang zu dieser Gesellschaft verweigert.

“Dieses Motiv markiert eine moralische Leerstelle: Im Monster haben sich die Mechanismen gesellschaftlicher Kontrolle noch nicht eingeschrieben. Solange seine Dressur noch nicht erfolgt ist, hat es auch keine Identität.”2

Als Leitmotiv des Ausgegrenztseins fungieren die Hände. Wie auch bei Boris Karloffs Darstelung des Frankenstein oder in Frankensteins Braut von James Whale sind es die Hände, die für das Wesen des Monsters stehen: Sie können erschaffen und zerstören. Letztendlich bleiben sie die unüberwindbare Mauer zum Menschen. In der ersten Einstellung von Edward mit den Scherenhänden erfahren wir, dass der Erfinder Edward eigentlich menschliche Hände schenken wollte. Doch mit seinen Scheren zerstört Edward diese, noch bevor er sein Glück wirklich zu fassen vermag.

Auch der Stoff des The Beauty and the Biest ist in Edward mit den Scherenhänden verarbeitet worden. Edward verliebt sich in die schöne Tochter Kim, die sich auch in ihn verliebt. Dennoch trennt die beiden Edwards Handicap. Nur ein einziges Mal gelingt es Edward, seine Gefühle zu offenbaren: Er schnitzt für Kim eine wundervolle Eisfigur. Doch das Glück währt nicht lange, denn schon nähert sich der aufgebrachte Mob, der das Monster ein für allemal vernichten will.

Quelle

Helmut Merschmann: Tim Burton, Berlin: Bertz 2000.

1 Helmut Merschmann: Tim Burton, Berlin: Bertz 2000, S. 48.

2 Helmut Merschmann: Tim Burton, Berlin: Bertz 2000, S. 52.